Donnerstag, 26. August 2010

Millionen Fliegen können nicht irren, oder, der Unterschied zwischen Thilo Sarazzin und mir

Interessiert es eigentlich irgend jemanden, was das Ergebnis meines letzten Gang auf das WC gewesen ist? Ich sag nur stinkt, ist braun und irgendwie ekelig.
Wohl eher nicht...
Bei Herrn Thilo Sarazzin scheint das anders zu sein. Nicht das er sich für meine Exkremente interessiert. Nein, die Öffentlichkeit interessiert sich zur Zeit brennend für das, was Herr Sarazzin so absondert.
Herr Sarazzin ist in seinem Hauptberuf Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank. Dort ist er zuständig für Informationstechnologie, Risiko-Controlling und Revision“. Daneben beschäftigt er sich in seiner Freizeit mit der Frage der genetischen Grundlage der Intelligenz.
Damit beschäftigt er sich im weitesten Sinne mit einer Wissenschaft, die im 15. Jahrhundert in Spanien ihren Ursprung hat. Dort versuchte man in der Pferdezucht einen Weg zu finden zwischen „guten“ und „schlechten“ Tieren zu unterscheiden indem man sich mit ihrer Herkunft („rraça“ = Rasse) beschäftigte. In den folgenden Jarhunderten wurde diese „Rassentheorie“ auch auf den Menschen angewendet. Man versuchte verschiedene menschliche Gruppen zur Klassifikation in Rassen einzuteilen.
Gerade auch in Deutschland entwickelte sich die Lehre von den Rasse prächtig.
Unter anderen führte Immanuel Kant den Begriff „Rasse“ (in der französischen Schreibweise „Race“) mit der entsprechenden wissenschaftlichen Untermauerung in Deutschland ein. Er definierte vier Rassen, die sich in ihrer Bildungsfähigkeit unterschieden. In der Spitze der Vernunftbegabten standen die weißen Europäer: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der ‚race‘ der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“
Ende des 19. Jahrhunderts war die Entwicklung der Rassentheorie weitgehend abgeschlossen und man begann, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Erste Projekte zur Züchtung von „rassisch hochwertigen“ Menschen wurden durch gezielte Partnerwahl in Deutschland und England schon in den 1890er Jahren begonnen. In den USA und Skandinavien traten Fortpflanzungsverbote und Zwangssterilisationen sogenannter „Minderwertiger“ in Kraft.
Den Höhepunkt erreichte die Rassentheorie in Deutschland in der Zeit des Faschismus. Hier wurde sie zum zentralen Bestandteil der Politik und gipfelten in Millionen Toten in den Konzentrationslagern und den Schlachtfeldern des zweiten Weltkriegs.
Spätestens mit dem Ende des Krieges, begannen sich endlich die Skeptiker dieser „Wissenschaft“ durchzusetzen. Ein von der UNESCO eingesetztes Komitee von Anthropologen und Soziologen veröffentlichten 1950 eine Erklärung zur Rassenproblematik in der festgestellt wird, das die Einteilung der Menschen in „Rassen“ anhand ihrer Herkunft oder Religion keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhält. Wenn überhaupt, könne man bei „Menschenrassen“ nur aufgrund physischer und physiologischer Unterschiede sprechen.
Auf keinen Fall gebe es irgendwelche Belege für rassistisch Bedingte Eigenschaften wie Intelligenz oder dem Temperament.
Inzwischen gilt die „Rassentheorie“ als völlig überholt.
Nicht zuletzt durch die Entschlüsselung des menschlichen Gene weiß man heute, das selbst äußerliche Unterschiede wie Haut- und Haarfarbe, Haarstruktur und Nasenform lediglich Anpassungen an unterschiedliche Klima- und Ernährungsbedingungen sind, die nur von einem kleinen Untergruppe der Gene bestimmt werden.
Soweit die Wissenschaft.

Nun dauert es aber oft eine ganze Weile, bis sich Erkenntnissen der Wissenschaft wirklich durchsetzen.
Die Erkenntnis z.B., das die Erde eine Kugel ist, hat Jahrhunderte gebraucht, bis sie nicht mehr bezweifelt wurde.

So ist es auch kein Wunder, dass die Rassenlehre, die über Jahrhunderte als richtig und gültig gelehrt wurde, auch heute noch mehr oder weniger unterschwellig in den Köpfen der Menschen herumschwirrt.

Passt diese Lehre doch wunderbar in unsere Urinstinkte, die uns zur Distanz zu allem Fremden und Unbekannten mahnt. Freund oder Feind? Gut oder Böse? Die Entscheidung muss blitzschnell gehen. Also gehe ich im Zweifel lieber auf die andere Straßenseite, wenn mir eine Gruppe dunkelhäutiger Jugendlicher entgegenkommt. Man weiß ja nie...

Und wenn man erst mal mit ein paar Promille an dem Stammtisch seiner Kneipe sitzt, oder -die moderne Form des Stammtisch- die Kommentarspalten diverser Onlineseiten besucht, merkt man schnell, das „der gesunde Menschenverstand“ von der Wissenschaft nicht einfach so außer Kraft gesetzt werden kann.

Und dann gibt es noch die, die diese rassistische braune Soße als Ideologie offensiv in die Öffentlichkeit bringen.
Entweder dumpf, laut und aggressiv, weil sie einfach zu dumm sind um zu erkennen, was sie da für einen Blödsinn verzapfen, aber öfter eher unterschwellig, freundlich im feinen Outfit, weil sie sich einen Vorteil von dieser Ideologie versprechen.

Wie leicht ist es, dem Volk jemand zum Fraß vor zu werfen, der noch kleiner und schwächer ist, als man selber und dem man für alles Elend das man hat, verantwortlich machen kann.

Was würde passieren, wenn die Menschen sich mit den tatsächlichen Ursachen der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Situation unserer Zeit beschäftigen würde?
Nein, da nehmen wir uns lieber die Muselmänner und Muselfrauen vor, erklären, dass ihre mindere Intelligenz unser schönes Land in den Abgrund reißt und feiern die „wenigen Mutigen“ die sich trauen, das in aller Öffentlichkeit zu verkünden.

Die auflagenstärkste „Tageszeitung“ und das auflagenstärkste politische Wochenmagazin, „Bild“ und „Spiegel“ waren sich beide nicht zu schade „Vorabdrucke“ der Ergüsse des Herrn Sarazzin zu veröffentlichen, die in bemerkenswert plumpen Worten eine These vertreten, die längst auf den Müllhaufen der Geschichte gehört.

Und die Massen stürzen sich auf dieses Machwerk, wie die Fliegen auf den Kothaufen.

Das Buch ist, bereits vor der Veröffentlichung, auf Platz eins der Bestsellerlisten. In allen Medien wird dieses Werk rauf und runter diskutiert. Meistens mit einem unterschwelligem „der Mann hat doch Recht!“. Im besten Fall mit einer vorsichtigen Kritik an der „scharfen Wortwahl“. Aber praktisch nie mit einer einfachen Widerlegung seiner leicht zu durchschauenden rassistischen Ideologie.

Thilo Sarazzin, ist ein Mann aus „gutem Hause“. Er hatte die Möglichkeit, sein Abitur auf dem feinem Gymnasium Petrinum, dem ältesten Gymnasium in Recklinghausen zu machen und brachte es 1973 sogar zum Doktortitel. Dann machte er mit Hilfe der SPD Karriere im öffentlichen Dienst. Eine gepflegte Mischung aus Positionen in der Wirtschaft und Politik (u.a. Vorstandsmitglied Deutsche Bahn, Senator für Finanzen in Berlin und Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank).
Der Mann hat nie finanzielle Sorgen gehabt, sich nie für seinen Lebensunterhalt die Finger schmutzig machen oder gar mit den Sorgen beschäftigen, die Millionen Menschen haben, wenn im Bundestag mal wieder Kürzungen im Sozialwesen beschlossen werden.
Aber er schüttet kübelweise Schmutz über genau diese Menschen aus. Seine Empfehlungen an Hartz 4 Empfänger, statt der Heizung doch lieber noch einen warmen Pullover anzuziehen und ähnliche
Vorschläge, sind in „guter“ Erinnerung.

Mit seinem Buch wird er wieder mehr Geld verdienen, als der normale Arbeitnehmer in seinem ganzen Leben verdient. Und die großen Medien unterstützen ihn mit Kräften dabei.

Das ist der große Unterschied zwischen meinen Exkrementen und denen von Herrn Sarazzin.

Aber, halt...

Was wenn er vielleicht doch recht hat?

Zerstören die Muslime mit ihrer mangelnden Intelligenz vielleicht doch die Intelligenz unserer Nation?

Etwas könnt dafür sprechen:

Sarazenen ist ein Begriff, der ursprünglich einen im Nordwesten der arabischen Halbinsel siedelnden Volksstamm bezeichnete. Im Gefolge der islamischen Expansion wurde der Begriff in lateinischen Quellen und im christlichen Europa als Sammelbezeichnung für die muslimischen Völker, die ab ca. 700 n.Chr. in den Mittelmeerraum eingedrungen waren, verwendet, meist in angstgeprägtem Sinn
Besonders in Frankreich und der Schweiz ist noch heute der Familienname Sar(r)asinbzw. Sar(r)azin verbreitet, in der deutschsprachigen Schweiz auch Saratz, in Italien und der italienischsprachigen Schweiz Sar(r)aceno, Sar(r)acino, im Englischen die aus dem Französischen bzw. Anglonormannischen noch weiter entwickelte Form Sarson. Vorläufer solcher Namen ist im Mittelalter ein in den lateinischen Quellen seit dem 11. Jh. vielfach dokumentierter Name oder Beiname Saracenus, der in vielen Fällen wegen einer „sarazenischen“ Herkunft des Trägers, in anderen Fällen aber auch nur wegen eines zeitweisen Aufenthaltes bei den „Sarazenen“ oder, wie lat. Maurus, nordfrz. Moreau, engl.Moore, zur Hervorhebung einer besonders dunklen Haut- oder Haarfarbe entstand. Sofern der Name erst im Spätmittelalter in Gebrauch kam, ist auch mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er im Hinblick auf die mögliche Bedeutung „Zigeuner“ gewählt wurde. (Zitat „Wikipedia“ bei denen ich mich auch an anderer Stelle zur Recherche bedient habe)

Im Klartext: Die Vorfahren Thilo Sarazzin waren mit hoher Wahrscheinlichkeit Muslime!

Dann wäre Thilo Sarazzin, wenn ich seiner Kernaussage glauben soll, also kein gefährlicher Brandstifter und Hetzer, sondern einfach nur ein minderintelligenter Nachfahre irgend einer muslimischen Sippe.

Unter dem Aspekt bekommt die ganze Geschichte ja glatt eine humoristische Note...

Gutzuwissen